Sage nicht, ich bin zu alt nach Jeremia 1,7

Mein Weg in die Kinderarbeit

von Dorothee Gleiss

Kinderarbeit fand ich gut und wichtig. Aber ich hatte nie daran gedacht, dass ich mich irgendwie aktiv daran beteiligen müsste. Mein Interesse an einer bestimmten Altersstufe hatte sich im Laufe der Jahre geändert – jeweils mit dem Alter unserer eigenen Kinder. Schließlich war ich besonders an jungen Erwachsenen interessiert.

Aber dann hatten wir Enkelkinder. So entstand wieder mehr Kontakt zu dieser Altersgruppe. Außerdem wurde ich von unserer Tochter Andrea und dem Kinderevangelisten Armin Knote zur Vorbereitung und Mitarbeit bei einem Kindercamp eingeladen. Damit rückten die Dorfkinder neu und anders in mein Blickfeld und ich hielt immer mal ein kleines Schwätzchen mit ihnen auf der Dorfstraße.

Ihr Zutrauen zu mir wuchs und eines Tages klingelten ein paar von ihnen an der Haustür und fragten, ob ich Zeit hätte. Ich ließ sie rein, setzte mich zu ihnen auf den Teppich und wir spielten ein Gesellschaftsspiel. Anschließend erzählte ich ihnen aus dem Stehgreif eine biblische Geschichte. In größeren Abständen wiederholte sich das 2,3 mal. Ohne biblische Geschichte wollte ich sie nach dem Spielen nicht gehen lassen. Da ich unvorbereitet nicht erzählen wollte, las ich ihnen aus der Kinderbibel vor.

Mir wurde immer stärker bewusst, dass sie sonst nichts von Jesus zu hören bekamen und in mir entstand das beunruhigende Gefühl, dass ich hier die einzige war, die diesem Mangel abhelfen konnte. „Aber…wir haben ja schon so viele Aufgaben, …und etwas Kontinuierliches…dann wäre ich so festgelegt…außerdem, könnte ich dem wirklich gerecht werden?… und so große Lust hatte ich eigentlich nicht dazu…Jüngere sind dafür geeigneter als wir Alten… und…und…“ Ich schob es zur Seite.

Doch bei einem Mitarbeitertreffen stellten Armin und Andrea die Wichtigkeit und Dringlichkeit der Kinderarbeit heraus. Mit meinem Mann stimmte ich dem voll zu. Und wieder dieses beunruhigende Gefühl: Muß ich?  Bin ich dran? Grundsätzlich sagte ich: Ja.

Aber es war ja immer so viel anderes, wichtigeres zu tun. So verging die Zeit. Der Sommer kam. Wieder einmal schellten zwei Jungen an der Tür und fragten, ob sie in unserem Garten nach Spinnen suchen dürften für ihr Spinnen-Terrarium. So streiften sie mit ihrem Glas und einem Holzstäbchen in jeden Winkel. Als sie genug Beute gemacht hatten, fragte einer von ihnen aus heiterem Himmel: „Was machen Sie eigentlich wieder Kinderstunde?“

In diesem Augenblick wusste ich ganz klar: Das ist vom Herrn. Jetzt gibt es kein Ausweichen mehr – oder es wäre Ungehorsam oder Befehlsverweigerung . Also sagte ich spontan: „Am Dienstag um vier. Sagt den anderen Kindern auch Bescheid“. Und sie kamen. Seitdem kommen sie jede Woche, die schulpflichtigen Dorfkinder zwischen sieben und dreizehn Jahren (Es gibt nur acht in unserem Dorf). Anfangs klebte ich ein kleines Einladungsbriefchen an die Haustüren, immer Montags gegen 12 Uhr, gerade bevor sie aus der Schule kamen. So ging es nicht im Briefkasten unter und sie wurden an den Dienstag erinnert.

Inzwischen ist das so gut eingespielt, dass das nicht mehr nötig ist – und sie kommen gerne. Mein Mann und ich machen es zusammen. Einmal sagte ich: „Wir sind ja jetzt alt, (72 und 78 Jahre) und wenn wir sterben, dann kommen wir in den Himmel. Da warten wir dann auf euch. Wenn ihr mit Jesus lebt, kommt ihr auch dorthin.“ Da sagte der 13-jährige: „Und dann machen wir immer Kinderstunde!“

Aus dem Deborah-Arise-Newsletter 1/04